11. September 2015

Rechtzeitig vorsorgen durch Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung

Koblenz (ots) – Alter und Gebrechlichkeit, aber auch ein
Verkehrsunfall oder eine schwere Erkrankung können dazu führen, dass
man plötzlich auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Wer regelt dann
den Alltag, wer die Bankangelegenheiten? Wer entscheidet, ob und wie
man im Krankheitsfall behandelt wird? Die Notarkammern raten dazu,
für solche Fälle mit Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und
Patientenverfügung vorzusorgen.

„Viele Bürger glauben zu Unrecht, sie müssten für den Ernstfall
nichts regeln. Sie meinen, ihr Ehegatte oder ihre Kinder könnten im
Ernstfall alles Notwendige in ihrem Sinne in die Wege leiten.
Tatsächlich existiert aber keine gesetzliche Vollmacht für die
Vertretung Volljähriger – weder für nahe Familienangehörige noch für
den Ehegatten. Nur für Minderjährige sieht das Gesetz grundsätzlich
eine Vertretung durch die Eltern vor“, erklärt Dr. Steffen Breßler,
Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz.

Wenn keine Vorsorge getroffen wurde und jemand aufgrund einer
körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung seine Angelegenheiten
nicht mehr selbst wahrnehmen kann, wird durch das Betreuungsgericht
ein Betreuer bestellt. Den meisten behagt jedoch der Gedanke, dass
womöglich ein Fremder ihre Angelegenheiten regeln könnte und dafür
auch noch bezahlt werden muss, ganz und gar nicht. „Selbst wenn ein
Familienangehöriger zum Betreuer bestellt wird, ist eine
Dauerbetreuung wegen des Erfordernisses gerichtlicher Genehmigungen
für bestimmte Rechtsgeschäfte sowie der Rechnungslegungspflichten
sehr belastend“, weiß Dr. Breßler.

Das Gesetz sieht jedoch vor, dass eine Betreuung nicht
erforderlich ist, soweit die Angelegenheiten durch einen
Bevollmächtigten ebenso gut besorgt werden können. Eine
Betreuungssituation kann daher effektiv mit einer sogenannten
Vorsorgevollmacht vermieden werden. Eine solche berechtigt regelmäßig
eine Vertrauensperson, für den Vollmachtgeber in vermögensrechtlichen
und persönlichen Angelegenheiten tätig zu werden.

Wichtig ist, dass eine Vorsorgevollmacht mindestens schriftlich
verfasst sein muss, wenn der Bevollmächtigte auch in gesundheitlichen
Angelegenheiten entscheiden können soll. Viele Rechtsgeschäfte des
Alltags erfordern jedoch eine über die Schriftform hinausgehende
notarielle Vollmacht, insbesondere Grundstücksgeschäf-te,
gesellschaftsrechtliche Vorgänge und der Abschluss von
Darlehensverträgen. Den meisten Banken genügt auch bei den sonstigen
Bankgeschäften eine privat-schriftliche Vollmacht nicht. Daher ist
letztlich nur eine notarielle Vorsorgevollmacht wirklich umfassend
und kann die Anordnung einer Betreuung weitestgehend aus-schließen.
Denn wie das LG Detmold kürzlich entschieden hat, muss eine Bank eine
umfassende notarielle Vorsorgevollmacht anerkennen und darf nicht
etwa eine gesonderte Bankvollmacht fordern (Urt. v. 14. Januar 2015,
Az. 10 S 110/14).

Die Einschaltung eines Notars hat neben der Form auch weitere
Vorteile. Dieser erforscht den Willen des Beteiligten und belehrt
über die rechtliche Tragweite der Vollmacht. Der Notar erstellt
sodann aufgrund der individuellen Bedürfnisse und Wünsche einen
Entwurf, der durch rechtlich exakte und eindeutige Formulierungen
Auslegungsstreitigkeiten bereits im Vorfeld verhindert. Ein weiterer
Vorteil der notariellen Vollmacht liegt darin, dass sich der Notar
vor der Beurkundung von der Geschäftsfähigkeit des Beteiligten
überzeugt. Dies hilft, mögliche Streitigkeiten über die Wirksamkeit
der Vollmacht zu vermeiden.

Eine solch weitreichende Vollmacht sollte jedoch trotz der großen
Vorteile nicht unüberlegt erteilt werden. „Eine Vollmacht ist stets
Vertrauenssache“, mahnt Dr. Steffen Breßler. Der Vollmachtgeber
sollte sich genau überlegen, wen er als Bevollmächtigten einsetzt.
Wenn niemand vorhanden ist, dem ausreichendes Vertrauen
entgegengebracht wird, kann statt einer Vollmacht eine
Betreuungsverfügung errichtet werden, mit der dem Gericht eine
bestimmte Person als Betreuer vorgeschlagen oder auch ausgeschlossen
wird. Außerdem können Anweisungen zu Art und Weise einer etwaigen
Betreuung getroffen werden.

Von der Vorsorgevollmacht und der Betreuungsverfügung ist die
Patientenverfügung zu unterscheiden. Eine Patientenverfügung ist eine
persönliche Handlungsanweisung an Ärzte, welche Behandlung gewünscht
wird oder unterlassen werden soll, insbesondere im Falle einer
schweren und lebensbedrohlichen Erkrankung oder Verletzung. Eine
bloße Patientenverfügung führt jedoch nicht dazu, dass eine
Vertrauensperson berechtigt ist, Entscheidungen in Gesundheitsfragen
oder gar in Vermögensangelegenheiten zu treffen. Hierzu bedarf es
einer Vorsorgevollmacht. Dies wird oftmals verkannt.

„Die notarielle Beratung stellt sicher, dass der Wille des
Beteiligten rechtlich sicher umgesetzt wird und die verschiedenen
Erklärungen optimal aufeinander abgestimmt werden“, so Dr. Steffen
Breßler. Die Kosten einer beurkundeten Vorsorgevollmacht sind dabei
moderat. Sie richten sich in erster Linie nach dem Vermögen des
Vollmachtgebers. Bei einem Vermögen von 100.000 EUR kostet eine
umfängliche General- und Vorsorgevollmacht maximal 165 EUR zuzüglich
Umsatzsteuer und Auslagen, die Beratung des Notars inklusive.

Pressekontakt:
Dr. Steffen Breßler, LL.M. (University of Pennsylvania)
Geschäftsführer
Notarkammer Koblenz
Hohenzollernstraße 18
56068 Koblenz
Tel.: ++261-91588-0
Fax: ++261-91588-20
www.notarkammer-koblenz.de
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