20. Mai 2016

Nachlassplanung und Patchwork

Germersheim (ots) – Die Planung des Nachlasses wird gerne auf die
lange Bank geschoben, da sie oft unangenehme Überlegungen verlangt.
Die ohne Testament bzw. Erbvertrag anzuwendenden gesetzlichen
Regelungen gehen von der traditionellen Familiensituation aus. In
Patchworkfamilien werden diese Regelungen oft als unpassend für die
familiäre Situation empfunden. Die Niederlegung des letzten Willens
kann in vielen Fällen helfen, die gewünschte Verteilung des
Nachlasses herbeizuführen.

Unter dem Begriff „Patchworkfamilie“ werden viele verschiedene
Formen von Familien zusammengefasst, zum Beispiel Stiefvaterfamilien,
Familien mit gemeinsamen Kindern und Stiefkindern, mit und ohne
weiteren Elternteilen. Genauso wenig wie es „die“ Patchworkfamilie
gibt, gibt es „die“ rechtliche Lösung, die für alle passt. Der
Gesetzgeber hat den Bürgern in vielen Fällen einen erheblichen
Gestaltungsspielraum zugestanden, den jeder für sich nutzen sollte.

Gesetzliche Erben und Erbengemeinschaft

Die gesetzlichen Erben kommen immer zum Zug, wenn ein Verstorbener
seinen letzten Willen nicht in einem Testament oder Erbvertrag
niedergelegt hat. Daher ist es besonders wichtig zu klären, wer in
wessen Todesfall die gesetzlichen Erben sind. Haben die „Eltern“ der
Patchworkfamilie Kinder aus unterschiedlichen Beziehungen,
unterscheiden sich ihre gesetzlichen Erben. Gesetzliche Erben sind
nämlich in erster Linie die Kinder und der Ehegatte bzw.
Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes. Stiefkinder,
selbst wenn sie den Verstorbenen als Elternteil betrachten und in
seinem Haushalt aufgewachsen sind, haben nach dem Gesetz kein
Erbrecht. Sollen sie etwas aus dem Erbe erhalten, müssen sie vom
Erblasser bedacht werden. Wurde das Stiefkind adoptiert, hat es als
rechtlicher Abkömmling ein Erbrecht. Nur Ehegatten bzw. Lebenspartner
im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes haben ein gesetzliches
Erbrecht. Andere unverheiratete Partner haben kein gesetzliches
Erbrecht.

Einem Erblasser ist es oft wichtig, bestimmte Vermögensgegenstände
bestimmten Personen zuzuwenden. Nicht selten soll der überlebende
Ehegatte dadurch abgesichert werden, dass das Familienheim erhalten
bleibt, manchmal eingeschränkt für eine bestimmte Zeit, bevor es an
die (eigenen) Kinder gehen soll. Liegt keine Verfügung von Todes
wegen vor, bildet der überlebende Ehegatte gemeinsam mit den Kindern
des verstorbenen Ehegatten eine Erbengemeinschaft. Einigen sich die
Erben nicht über die Verteilung des Nachlasses, kann ein Erbe zur
Verteilung des Nachlasses auch die Zwangsversteigerung in ein zur
Erbmasse gehöriges Grundstück betreiben, so dass dies für die Familie
nicht mehr zur Verfügung steht. Durch ein Testament bzw. Erbvertrag
kann dem entgegengewirkt werden.

Letztwillige Verfügung treffen

Der weit verbreitete Wunsch von Paaren, sich gegenseitig zu
Alleinerben einzusetzen, ist bei Patchworkfamilien sorgfältig zu
bedenken. Denn das bedeutet, dass die Kinder des erstversterbenden
Ehegatten enterbt werden. Handelt es sich um gemeinsame Kinder, haben
sie ein Erbrecht nach dem länger lebenden Ehegatten. Umgekehrt haben
die Kinder, die nicht der Beziehung mit dem länger lebenden Ehegatten
entstammen, kein Erbrecht nach dem überlebenden Ehegatten und drohen
leer auszugehen. Ein Lösungsansatz kann in dem Abschluss eines
Erbvertrags liegen, in dem die Ehegatten alle Kinder, egal ob
gemeinsam oder nicht, bindend zu Schlusserben nach dem Tod des
längerlebenden Ehegatten einsetzen. Erbschaftssteuerlich hat der
Gesetzgeber Stiefkinder eigenen Kindern gleichgestellt, so dass ihnen
auch bei einer Erbschaft nach dem länger lebenden Stiefelternteil der
volle Freibetrag zusteht. Dr. Müller, Geschäftsführer der Notarkammer
Pfalz, erklärt, dass „die Regelung des letzten Willens nicht
schematisch, sondern maßgeschneidert sein muss; ein Notar kann die
rechtliche Lage analysieren und Gestaltungsmöglichkeiten mit ihren
Vor- und Nachteilen aufzeigen.“ Es kommt auf die Details an, zum
Beispiel, ob ein „Berliner Testament“ – d.h. die gegenseitige
Einsetzung von Paaren als Alleinerben und der Kinder als Schlusserben
nach dem Letztversterbenden – überhaupt das richtige Modell ist, ob
und welche Kinder zu (Schluss-)Erben werden sollen oder nur einen
Anspruch auf einen bestimmten Gegenstand erhalten sollen. Wichtig ist
bei einem Erbvertrag die Frage der Reichweite der Bindungswirkung und
der Änderungsmöglichkeiten des überlebenden Ehegatten; und auch
steuerliche Aspekte dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

Pressekontakt:
Dr. Markus Müller, LL.M. (Cambridge)
Geschäftsführer der Notarkammer Pfalz
Bahnhofstraße 4
76726 Germersheim
T: +49 (0) 7274 9 49 83 17
F: +49 (0) 7274 9 49 85 95
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