16. April 2018

Drum prüfe, wer sich ewig bindet – Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments

Koblenz (ots) – Ehepaare regeln ihren Nachlass häufig durch die
Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments. Insbesondere im Fall
der Trennung der Eheleute oder bei sonstigen Streitigkeiten in der
Familie kommt allerdings die Frage auf, ob die Ehegatten an das
gemeinschaftliche Testament gebunden sind oder sich einseitig davon
lösen können. Für einen wirksamen Widerruf sind dabei besondere
Anforderungen zu beachten. Anderenfalls droht den Beteiligten die
sogenannte „Bindungsfalle“.

Nach deutschem Erbrecht können Ehegatten ein gemeinschaftliches
Testament errichten. Dies kann entweder durch eine notarielle Urkunde
oder aber handschriftlich durch beide Ehegatten gemeinsam erfolgen.
Ein Klassiker ist hierbei das sogenannte „Berliner Testament“: Die
Ehegatten bestimmen sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder
zu Erben des Längstlebenden. Was aber, wenn das Testament geändert
oder gar widerrufen werden soll? Unproblematisch ist das dann, wenn
sich die Ehegatten einig sind. Denn dann können sie das Testament
jederzeit gemeinschaftlich ändern oder widerrufen, beispielsweise
durch ein weiteres gemeinschaftliches Testament oder einen
notariellen Erbvertrag.

Schwieriger ist es allerdings dann, wenn ein Ehegatte ohne
Mitwirkung des anderen die im gemeinschaftlichen Testament
niedergelegten Regelungen ändern oder widerrufen möchte. Entscheidend
ist hierbei, ob es sich bei den entsprechenden Regelungen um
sogenannte „wechselbezügliche Verfügungen“ handelt. Hierunter fallen
alle Verfügungen (Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und eine
Wahl des anzuwendenden Erbrechts), die so eng miteinander
zusammenhängen, dass die eine nicht ohne die andere getroffen worden
wäre und nach dem Willen der Erblasser miteinander stehen und fallen
sollen. Bei einem Berliner Testament sind regelmäßig die gegenseitige
Erbeinsetzung der Ehegatten und die Einsetzung der (gemeinsamen)
Kinder zu Schlusserben wechselbezüglich. Auch solche
wechselbezüglichen Verfügungen können grundsätzlich einseitig frei
widerrufen werden. Hierbei sind jedoch besondere Voraussetzungen zu
beachten. Einerseits muss der andere Ehegatte noch leben. Darüber
hinaus muss der Widerruf notariell beurkundet sein, auch wenn das
gemeinschaftliche Testament zuvor privatschriftlich errichtet wurde.

Schließlich muss der Widerruf dem anderen Ehegatten in
Ausfertigung zugehen. „Der Gesetzgeber will durch diese Regelung
sicherstellen, dass der Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen, die
Ehegatten im gegenseitigen Vertrauen getroffen haben, nicht heimlich
hinter dem Rücken des anderen Ehegatten erfolgt“, erklärt Dr. Andreas
Schumacher, Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz. „Daher ist auch
eine Änderung durch ein einseitiges Testament nicht möglich, weil der
Ehegatte hierüber nicht informiert würde.“ Der wirksame Widerruf
einer wechselbezüglichen Verfügung führt zu ihrer Unwirksamkeit und
grundsätzlich auch automatisch zur Unwirksamkeit der entsprechenden
wechselbezüglichen Verfügungen des anderen Ehegatten. „Dadurch, dass
der andere Ehegatte von dem Widerruf Kenntnis erhält, kann er sich
auf die neue Situation einstellen und seine Nachlassplanung
überdenken“, sagt Dr. Schumacher.

Mit dem Tod des anderen Ehegatten tritt eine Bindung des
überlebenden Ehegatten ein. Dieser ist ab dann grundsätzlich daran
gehindert, von den wechselbezüglichen Verfügungen abweichende oder
diese beeinträchtigende Anordnungen zu treffen.

Sofern im gemeinschaftlichen Testament nicht ausdrücklich
festgelegt wurde, welche Verfügungen wechselbezüglich und welche bloß
einseitig getroffen worden sind, muss der Wille des verfügenden
Ehegatten durch Auslegung ermittelt werden. Hierbei kann es jedoch
schnell zu Streit kommen. Es empfiehlt sich daher, vor der Errichtung
eines gemeinschaftlichen Testaments eine fachkundige Beratung
einzuholen, um Streitfälle von vornherein zu vermeiden. So erforscht
ein Notar vor der Beurkundung eines gemeinschaftlichen Testaments den
wirklichen Willen der Ehegatten und berät über
Gestaltungsmöglichkeiten und deren Auswirkungen. In der Urkunde wird
sodann die Nachlassregelung der Ehegatten klar und deutlich
niedergelegt.

Pressekontakt:
– Herr Dr. Andreas Schumacher, von der Notarkammer Koblenz
– Herr Dr. Carsten Lindner von der Rheinischen Notarkammer,
– Herr Dr. Florian Meininghaus von der Landesnotarkammer Bayern,
– Herr Dr. Stephan Schneider von der Hamburgischen Notarkammer,
– Herr Dr. Carsten Walter von der Notarkammer Baden-Württemberg,
– Herr Dr. Markus Müller von der Notarkammer Pfalz sowie
– Herr Dominik Hüren von der Bundesnotarkammer

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