30. September 2014

Die Auswirkungen der neuen EU-Erbrechtsverordnung auf die eigene Nachfolgeplanung werden unterschätzt

Germersheim (ots) – Mitte August 2015 tritt die neue
EU-Erbrechtsverordnung in Kraft. Die Verordnung bestimmt das Recht
des Staates, das im Erbfall anzuwenden ist und sieht neue
Rechtswahlmöglichkeiten für den Erbfall vor. Außerdem wird ein
europäisches Nachlasszeugnis eingeführt. Die weitreichenden
Änderungen durch die EU-Erbrechtsverordnung sind den Bürgern
weitgehend noch unbekannt. Die Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen
Rechts sollte zur Beschäftigung mit der eigenen Nachfolgeplanung und
gegebenenfalls zu deren Anpassung an die künftige Rechtslage genutzt
werden.

Wen betrifft die neue EU-Erbrechtsverordnung?

Die neue EU-Erbrechtsverordnung betrifft potentiell jeden. Sie ist
innerhalb der EU (mit Ausnahme Dänemarks, Großbritanniens und
Irlands) auf alle Sterbefälle anwendbar, die sich ab dem 17. August
2015 ereignen. Ab diesem Zeitpunkt ist regelmäßig nicht mehr die
Staatsangehörigkeit des Erblassers für das anzuwendende Recht
maßgeblich. Das anzuwendende Recht richtet sich dann grundsätzlich
nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines
Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. In Zeiten der
Globalisierung bedeutet das für eine Vielzahl von Bürgern, dass für
sie ab Mitte August 2015 ein anderes Erbrecht gilt. Betroffen sind in
erster Linie Personen, die dauerhaft in einem Staat leben, dessen
Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, Rentner, die ihren
Lebensabend überwiegend im Ausland verbringen und Menschen, die sich
in ein ausländisches Pflegeheim begeben. Auch junge Menschen, die
z.B. aus beruflichen Gründen nur zeitweise im Ausland leben und die
eine Rückkehr in die Heimat planen, können von der Neuregelung
betroffen sein. Die einfache Regel, nach der jeder Deutsche nach
deutschem Recht, jeder Franzose nach französischem Recht beerbt wird,
stimmt künftig nicht mehr. „Ausländische Rechtsordnungen können sich
erheblich von den deutschen erbrechtlichen Regelungen unterscheiden.
Um Überraschungen zu vermeiden, ist es wichtig, sich rechtzeitig
beraten zu lassen“, erklärt Lisa Schumacher, Geschäftsführerin der
Notarkammer Pfalz.

Zeitig Gedanken zum eigenen Nachlass machen

Jeder – egal ob jung oder alt – sollte sich frühzeitig Gedanken
zur Regelung des eigenen Nachlasses machen und sich mit der
Nachfolgeplanung auseinandersetzen. Dies gilt vor allem für
diejenigen, für die möglicherweise künftig ein fremdes Erbrecht zur
Anwendung kommt. „Erste Überlegung muss dabei sein, wo der
gewöhnliche Aufenthalt liegt“, so Schumacher. Daran schließt sich die
Frage an, ob nach dem anhand des gewöhnlichen Aufenthaltsorts
anzuwendenden Recht die gewünschte Nachlassverteilung möglich ist und
ob die Anwendung des fremden Rechts überhaupt gewollt ist. Dabei kann
es bereits schwierig sein, den gewöhnlichen Aufenthaltsort
zuverlässig zu ermitteln. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass
er mit einer Veränderung der tatsächlichen Umstände wechseln kann.
„Wer sicher gehen will, dass bei seinem Tod das Recht des Landes
anwendbar ist, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, muss künftig
eine entsprechende Rechtswahl treffen. Diese muss ausdrücklich in
Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen und sollte daher am
besten zusammen mit der Errichtung eines Testamentes oder eines
Erbvertrages vorgenommen werden.“, empfiehlt Schumacher.

Beratungsangebote nutzen

Hilfreiche Informationen über das Erbrecht der Mitgliedstaaten
können auf der Webseite des Rats der Notariate der Europäischen Union
unter http://www.successions-europe.eu abgerufen werden.
Informationsangebote im Internet können jedoch keineswegs die
Beratung im Einzelfall ersetzen. Die Frage, ob eine Rechtswahl
sinnvoll oder sogar notwendig ist, können Notare beantworten. „Notare
beraten auf diesem Gebiet und arbeiten die notwendigen rechtssicheren
Formulierungen aus. Aufgabe des Notars ist es dabei, sicherzustellen,
dass ein heute errichtetes Testament auch nach dem Inkrafttreten der
EU-Erbrechtsverordnung geltenden Recht gültig und mit der künftigen
EU-Erbrechtsverordnung vereinbar ist“, erklärt Schumacher. Eine
notarielle Beratung empfiehlt sich auch, wenn ein Testament bereits
errichtet wurde, um zu prüfen, ob dieses geändert oder ergänzt werden
muss.

Mehr Rechtsicherheit und Erleichterung bei Erbfällen mit
Auslandsbezug

Trotz des gestiegenen Beratungsbedarfs aufgrund der
einschneidenden Änderungen, die die neue Verordnung mit sich bringt,
überwiegen deren Vorteile eindeutig. Schumacher: „Mit der Verordnung
gelten erstmals auf EU-Ebene einheitliche Regelungen darüber, welches
Erbrecht auf einen internationalen Erbfall anzuwenden ist und wie
Erben ihre Rechte nachzuweisen haben.“ Erben und Erblasser standen
bisher vor oft schwer lösbaren Konflikten. So herrschte bislang in
vielen grenzüberschreitenden Erbfällen Uneinigkeit, nach welchem
nationalen Recht sich die Erbfolge richtet. Es konnte daher
vorkommen, dass derselbe Erbfall in einem Mitgliedstaat der EU anders
als in einem anderen beurteilt wurde und Erbnachweise aus einem
Mitgliedsstaat in einem anderen Mitgliedsstaat nicht anerkannt
wurden. Die EU-Erbrechtsverordnung wirkt dem entgegen und ermöglicht
eine zuverlässige und rechtsichere Nachlassplanung. Ferner wird mit
der Verordnung ein europäisches Nachlasszeugnis eingeführt, mit dem
Erben, aber auch Testamentsvollstrecker, ihre Rechtstellung
nachweisen können. Bei grenzüberschreitenden Erbfällen entfällt damit
künftig die mehrfache Beantragung von Erbscheinen in allen Ländern,
in denen der Erblasser Vermögen hinterlassen hat.

Pressekontakt:
Frau Lisa Schumacher
Geschäftsführerin der Notarkammer Pfalz
Bahnhofstraße 4
76726 Germersheim
Telefon: 07274/9498-317
Telefax: 07274/9498-595
E-Mail: notarkammer-pfalz@notarnet.de

Original-Content von: Hamburgische Notarkammer, übermittelt durch news aktuell