29. Januar 2018

Brexit und Briefkastengesellschaften – Auswirkungen und Handlungsmöglichkeiten

Hamburg (ots) – Zahlreiche in Deutschland tätige Unternehmen
weisen eine englische Rechtsform auf. Insbesondere die Limited
Company, die sich vor der Einführung der Unternehmergesellschaft
(haftungsbeschränkt) im Jahr 2008 aufgrund ihres geringen
Kapitalbedarfs auch bei deutschen Unternehmern einer gewissen
Beliebtheit erfreute, gibt es nach wie vor zuhauf. Bei einem „harten
Brexit“ könnten sich diese Gesellschaften nicht mehr auf die
europäische Niederlassungsfreiheit berufen. Dies hätte den Verlust
der Haftungsbeschränkung zur Folge und würde auch die Wirksamkeit neu
abgeschlossener Geschäfte in Frage stellen. Betroffene Unternehmen
sollten daher die verbleibenden Monate bis zum Brexit nutzen, um sich
rechtzeitig beraten zu lassen und gegebenenfalls in eine deutsche
Rechtsform zu wechseln.

Die Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreichs
aus der Europäischen Union kommen nur schleppend voran. Sofern bis
Ende März 2019 keine Einigung erzielt wird, werden die europäischen
Verträge – und damit die europäischen Grundfreiheiten – im Verhältnis
zum Vereinigten Königreich nicht mehr gelten (sog. „harter Brexit“).
Das stellt Unternehmen, die als sog. Briefkastengesellschaften im
Vereinigten Königreich registriert sind, ihre Geschäfte aber in
Deutschland tätigen, vor existenzielle Fragen. Betroffen sind
insbesondere Unternehmen in der Rechtsform einer Limited, von denen
es in Deutschland immer noch mehrere Tausend gibt.

Briefkastengesellschaften aus EU-Mitgliedstaaten werden in
Deutschland aufgrund der europäischen Niederlassungsfreiheit
rechtlich anerkannt. Anders ist dies jedoch bei
Briefkastengesellschaften aus sog. Drittstaaten, zu denen nach einem
harten Brexit auch das Vereinigte Königreich zählen würde. Für diese
gilt deutsches Recht. Eine in Deutschland tätige Limited würde daher
künftig nicht mehr wie eine englische Kapitalgesellschaft, sondern
wie eine deutsche Personengesellschaft bzw. – wenn es nur einen
Gesellschafter gibt – wie ein Einzelkaufmann behandelt. „Die
Gesellschafter einer Limited würden durch einen harten Brexit ihre
Haftungsbeschränkung verlieren und für die Verbindlichkeiten der
Gesellschaft persönlich mit ihrem gesamten Vermögen haften“, warnt
Dr. Stephan Schneider, Geschäftsführer der Hamburgischen Notarkammer.
„Außerdem kann sich die Vertretungsberechtigung für die Gesellschaft
ändern. Wird dies nicht berücksichtigt, werden neue Geschäfte
möglicherweise nicht wirksam geschlossen.“

Betroffene Gesellschaften sollten die Zeit bis zum Brexit daher
nutzen, um ihre Struktur rechtzeitig anzupassen. Eine umfassende
Beratung zu den rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und eine
kompetente Umsetzung der erforderlichen Schritte bieten die
Notarinnen und Notare. Im Ergebnis wird häufig eine Überführung der
Limited in eine deutsche GmbH ratsam sein. Dafür gibt es mehrere
Möglichkeiten: Beispielsweise könnten die Gesellschafter ihre Limited
im Vereinigten Königreich liquidieren und die Vermögensgegenstände
einzeln auf eine neue deutsche Gesellschaft übertragen. Diese
Vorgehensweise ist aber meist nicht praktikabel und zudem steuerlich
nachteilig. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten sind die
grenzüberschreitende Verschmelzung oder ein grenzüberschreitender
Formwechsel. Hierbei gehen sämtliche Vermögensgegenstände und
Vertragsverhältnisse automatisch auf die neue Gesellschaft mit
deutscher Rechtsform über. Da Verschmelzung und Formwechsel auf
europäischem Recht beruhen, müssen diese jedoch zwingend vor dem
Brexit umgesetzt werden. Wer diese rechtlich durchaus komplexen
Lösungen (noch) scheut, könnte zumindest darüber nachdenken, als
„Haftungspuffer“ eine deutsche Kapitalgesellschaft zwischen sich und
die Limited zu stellen.

Pressekontakt:
Herr Claudius Eschwey von der Landesnotarkammer Bayern,
Herr Dr. Stephan Schneider von der Hamburgischen Notarkammer,
(info@hamburgische-notarkammer.de, Telefon: 040 – 34 49 87)
Herr Dr. Carsten Lindner von der Rheinischen Notarkammer,
Herr Dr. Carsten Walter von der Notarkammer Baden-Württemberg,
Herr Dr. Andreas Schumacher von der Notarkammer Koblenz,
Herr Dr. Markus Müller von der Notarkammer Pfalz sowie
Herr Dominik Hüren von der Bundesnotarkammer.

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